Kinderaugen

Oftmals denkt man sich: Ich möchte gerne die Welt mit Kinderaugen sehen.

Warum wollen wir das?

Kinder sehen die Welt mit ihren Augen, denken nicht über die Konsequenzen nach, es ist alles bunt und einfach.

Irgendwann am Abendbrotstisch stellten unsere Kinder fragen zu ihrem Opa. Zu dem Opa, der im Himmel lebt.

Wir erklärten ihnen ziemlich leicht und abgespeckt: „Euer Opa ist gestorben. Nun lebt er im Himmel und schaut zu uns hinunter.“

„Mama, dann kann Opa nicht mehr mit uns spielen?“

„Nein, aber er sieht euch dabei zu.“

„Ich vermisse ihn.“

„Schatz, das tun wir auch. Aber das wichtigste ist, dass Opa auch in unseren Herzen wohnt und wir über ihn sprechen, dann ist er immer bei uns.“

Wie sehr meine Kinder dieses eigentlich verinnerlicht haben, war mir nicht bewusst, aber ich sollte es erleben.

Es regnete den ganzen Mai ?, wir waren genervt von den Fluten, die aus den Wolken kamen.
So ging O. in sein Zimmer, nahm das Telefon und rief seinen Opa an:
„Opa, der Regen nervt mir. Kannst du machen, dass das aufhört?“

Und in den kommenden Tagen hörte es auf.
Als wir dann eines morgens auf den Weg zum KiGa mitten im Park standen, stellte O. sich hin, breitete die Arm aus und rief: „Opa, schau mal, hier kannst du mich sehen!“

Mir blieb das Herz stehen.
Ist doch der Tod für uns ein Umstand, traurig zu sein und dem Menschen mit schweren Herzen zu begegnen.
Für Kinder ist es leichter. Sie sprechen mit den Menschen, mit dem Opa, mit wem auch immer.
Sie trauern nicht.
Sie lassen die Menschen einfach weiter leben, in ihren Herzen.
Der Opa ist einfach dabei und dann muss man sich auch schon mal an ein Telefonat zwischen Opa und O., auf dem Weg zum Strand gewöhnen.
„Hallo Opa, ich fahre zum Strand, was machst du?“
Ah, du sitzt auf deiner Wolke und trinkst Bier?
Ach Opa, Bier ist nur für die Erwachsenen, dass weiss ich schon.“

Ja, oftmals bleibt einem das Herz stehen, der Atem stockt….besonders der Oma, doch dann schmunzelt sie oft.

Die Kinder gehen beneidenswert unbefangen und unbekümmert damit um. Sogar fröhlich.
Sie sind ganz stolz, einen Opa im Himmel zu haben. Und ist das, nicht eigentlich GENAU das, was wir uns so oft wünschen? Dass man an die Menschen denkt, dass wir sie im Herzen tragen und über sie sprechen.

Frei von der Last der Trauer.
Einfach von der Seele schnabbeln.

Ich möchte die Welt mit Kinderaugen sehen.

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