2-3 Tage vor der nächsten Vorsorge, hatte ich schon das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Aber ich wollte Vertrauen lernen und der Angst keine Chance geben.
Also wartete ich brav bis zum 25.10.12 9:30 Uhr. Selina wollte gerne mitkommen… sie wollte endlich alles von dir mitbekommen und deinen Herzschlag hören. Also ging ich voller Sorge aber vor allem Vorfreude zur Praxis, um mich mit “meiner” Hebamme Anja zu treffen. Ich musste gar nicht lange warten und schon wollten wir CTG schreiben…. Doch alles sollte anders kommen.
Sicher 45 Minuten suchte Anja mit allen Mitteln deinen Herzschlag, fand aber keinen. Sie versuchte sich sogar unerlaubterweise am Ultraschall und meinte, da etwas zu sehen. Ich sah es nicht. So entließ sie mich und schickte mich in die Klinik für ein Ultraschall.
Noch immer war ich gar nicht drauf vorbereitet, dass da das Negative bestätigt werden könnte. In der Klinik angekommen, auch nur kurzes Warten. Selina wurde mit ein paar Stiften zum Malen im Schwesternzimmer zurückgelassen. Eine liebevolle Schwester hatte Dienst. Ich kenne sie schon seit Selinas Geburt. Also mit ihr und dem Assistenzarzt zum Ultraschall. Und dann … Ruhe. Ewig dauernde Ruhe. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. “Was hat denn die Ruhe nun zu bedeuten?” Er müsse angestrengt suchen. Hallo, in der Woche muss niemand mehr nach einem Herzschlag suchen…..dann also Gewissheit, dein Herz schlägt nicht mehr. Tränen brachen aus mir raus… es schüttelte mich und ich war allein. Umgeben von einem bescheuerten Arzt und einer liebevollen Krankenschwester, die mir half meine Gedanken zu ordnen. Wem ich wann und wie Bescheid gebe.
Also erstmal in ein Einzelzimmer….dann Enriko anrufen. Voller Angst, dass ihm nix passiert. Dann holte die Schwester Selina….ihr ohne verschönigen, aber so einfühlsam wie möglich, beibringen, dass das Baby nicht mehr lebt. Wieder flossen Tränen. Dann aber “Mama ich möchte zur Oma!” Ok ich sagte ihr ich würde sie zum Opa zum Auto bringen und sie führe dann mit ihm zur Oma nach Hause. Mama müsse hier bleiben. Ich versprach ihr, dass sie mit Oma und Opa nachmittags wiederkommen dürfe um mir meine Sachen zu bringen. So brachte ich sie zum Auto. Brachte meinem Papa schonend bei, was los ist und schickte sie nach Hause. Wieder mit Angst, dass mein Papa doch gut ankommen würde.
Danach rief ich Anja an…Stille, …. Worte fehlen…..
Und dann die wichtigsten Freunde informieren…vor allem den zukünftigen Patenonkel.
Dann wartete ich sehnsüchtig auf Enriko, er kam endlich. Tränen….Sprachlosigkeit.
Besuch von meinen Eltern und Selina. Ich versprach ihr, dass ich ihr ein Foto zeigen würde und auch Fuß und Händeabdrücke. Ich könne nicht mitkommen, ich müsse erst das Baby auf die Welt bringen.
Später kam dann der Freund und Patenonkel. Banges Warten auf meinen FA, der bei einem Auswärtstermin war und erst abends im KH sein konnte. Endlich war er da und Enriko und ich gingen Richtung Ultraschall – ein letztes Mal Traurige Gewissheit – niemand hatte sich getäuscht – kein Wunder war passiert. Unser Baby war schon ca 3 Tage nicht mehr am Leben. Uns wurde das auch anhand der Schädelknochen erklärt. Dann hat der FA gegen 19 Uhr mit dem ersten und einzigen Zäpfchen die Geburt eingeleitet.
Zurück zum Zimmer. Dort die traurige Gewissheit mitteilen…..
Keine halbe Stunde später hatte ich schon ein steinharten Bauch. Zumindest stellenweise. Der Abend zog sich hin. Ich konnte Enriko überzeugen er solle doch hier bleiben. Gegen 21 Uhr die erste Schmerzspritze. Gegen 23 Uhr die nächste….das war echt mühselig, wenn auch irgendwo noch ertragbar. Ab 1:30 Uhr hatte ich dann wirklich sehr schmerzhafte Wehen und kaum mehr 10 Sekunden Pause zwischendrin. Die Krankenschwester ließ uns bis zum Eintreffen von Anja nicht mehr allein und massierte mir den Rücken. Um 2:15 Uhr war Anja endlich da. Sie untersuchte mich in einer Wehenpause und war gar nicht begeistert. Ich schmerzerfüllt und es hatte sich nix getan. Sie konnte nicht mal mehr den MuMu ertasten…..Ratlosigkeit. Sie entschloss sich mir erstmal eine andere Schmerzspritze zu geben, denn so konnte man auch keine PDA legen.
Wann genau weiß ich nicht mehr gegen 2:30 oder auch eine Viertelstunde später ging ganz plötzlich das Fruchtwasser weg. Ich lag in einer rieeeeeeeeeeeeeeeßen Pfütze. Anja “freute” sich und ich war völlig verzweifelt das es lief und lief und lief. Nach dem Trockenlegen von mir zogen wir gegen kurz vor 3 Uhr in den Kreißsaal um. Dort umbetten aufs Gebärbett….doch da wollte ich nicht bleiben. Ich stand also auf und ging durch den Kreißsaal, suchte noch mit Enriko ein eventuell passendes Kleidungsstück aus. Die Schmerzen waren viel erträglicher geworden. Doch langsam hatte ich das Gefühl ich sollte pressen, Anja erlaubte es mir.
Ich war wohl innerhalb kürzester Zeit fast komplett offen. Irgendwann sagte ich dann, dass sich was komisch anfühle ich möchte mich doch lieber hinlegen.
Anja schaute dann und war sehr überrascht, dass schon ein Stück Nabelschnur und ein Füßchen rausschaute. Baby hatte sich entschieden in BEL zu kommen. Nach vielen Presswehen und großen Schmerzen zwischendurch, weil das Köpfchen nicht kommen wollte, war um 3:55 Uhr Phil Matteo endlich da. Sofort nabelte ihn Anja ab und legte ihn mir, nach kurzem Zögern meinerseits, auf den Bauch und in die Arme. Was war er süss!!!! und noch so warm!!! Ich spüre die Wärme noch heute auf meinem Bauch. Ich durfte dich dann lange halten.
Kurz haben wir dich mit aufs Bett gelegt, damit ich den letzten anstrengenden Teil, nach einer weiteren Spritze, erledigen konnte. Anja hatte es sogar geschafft, dass die Nachgeburt vollständig abgestoßen wurde. Dann hat Anja dich gewogen und gemessen. Ganze 24 cm und 270 g und einen Kopfumfang von 18 cm…. Dann hat sie sich nochmals die möglichen Kleidungsstücke angeschaut und noch ein viel passenderes und schöneres gefunden.
Sie hat dich angezogen und dann zu mir zurückgebracht. Noch einmal kuscheln, streicheln und anschauen. Zeit zu dritt….Irgendwann hat dein Papa dich dann in dein kleines Körbchen gelegt und wir haben Abschied genommen. Ein letzter Kuss.
Anja kam zurück und gegen 5:30 Uhr sind wir zurück aufs Zimmer. Völlig ko, innerlich leer, haben Enriko und ich dann erstmal etwas geschlafen.