Herzenswunsch Baby
Ich denke, ein Kind kann auch von zwei Mamas oder zwei Papas unendliche Liebe bekommen. Oder nicht? Ist es nicht egal, von welchem Menschen diese Liebe kommt, Hauptsache, sie ist echt und voller Zuneigung?
Das Thema „Baby“ hatten wir sehr früh. Noch vor der Verlobung stand damals fest, dass wir es eines Tages versuchen wollten. Und da ich „die Frau“ war und es schon seit Teeniezeiten mein Herzenswunsch war, später einmal schwanger zu sein, war ich die Auserwählte.
Nach der Eintragungung unserer Lebenspartnerschaft (zu diesem Zeitpunkt DURFTEN wir noch nicht heiraten), unternahmen wir verschiedenste Recherchen über Babywunsch als gleichgeschlechtliches Paar.
Der Professor mit der ersten Rechnung in der Ausbildung
Da war es. Es gab eine Klinik in Bayern. Diese besuchten wir ganz bald nach einer Terminvergabe. Dieser Termin bedeutete uns sehr, sehr viel. Vorerst erzählten wir auch niemandem davon. Wir sprachen also mit Professor Dr. Dr. so und so. Er war sehr überzeugt von seiner „Arbeit“. Beschrieb alle Samenspenden als „sein Werk“ und wie wertvoll dies alles sei. Er war entsetzt, dass ich etwas übergewichtig war und dann auch noch rauchte. SO EINEM MENSCHEN würde er „seine“ so sorgfältig ausgewählten Samen doch nicht anvertrauen. Es wäre eine Vergeudung, weil die Erfolgschancen bei SO EINEM MENSCHEN nicht sehr hoch wären. Man kann sich sicher vorstellen, wie geschockt wir waren und wie unsere Blicke aussahen. Wir hatten doch einfach nur diesen Traum vom perfekten Glück. Eine kleine Familie.
Kurze Zeit später „beruhigte“ sich der Professor doch, das Gespräch verlief dann recht unspektakulär. Den psychologischen „Test“ haben wir als Paar super gemeistert. Wir waren unter dem Strich dann doch geeignet. Für all das haben wir dann das erste Mal Geld für unseren Traum gezahlt. Für eigentlich nichts. Doch uns war es das wert. Weil es für unser Wunder sein sollte. Irgendwie war uns bereits bei der Heimfahrt klar, dass wir uns in dieser Klinik nicht wohl fühlten. Wir hatten mit Absicht bereits da schon einen Termin wahrnehmen wollen, damit wir ausreichend Zeit hatten, den richtigen Weg für uns zu finden. Ich war zu der Zeit noch in Ausbildung zur examinierten Altenpflegefachkraft. Also suchten wir in Ruhe weiter.
Gebrochene Träume, mit Becher und Spritze…
Natürlich haben wir uns auch in vielen Gruppen im „www“ angemeldet, wo es potenzielle Spender gab. In all den Monaten mussten wir leider so endlos viele Erfahrungen von anderen Pärchen mitbekommen. Viele wurden einfach nur hintergangen, das Blaue vom Himmel wurde versprochen, um es dann letztendlich nach vielen Wochen/Monaten Vorbereitung doch „richtig“ machen zu wollen. Ohne all das ringsherum wie Becher und Spritze. Es gibt einfach manche Männer, die sich wirklich ein bisschen Spaß erhoffen und sich so am Traum vergehen. So viele Träume sind geplatzt. Wirklich traurig. Viele dieser „Geschichten“ haben uns sehr mitgenommen. Warum tut ein Mensch so etwas? Wenn man von vornherein mit offenen Karten spielt, ist alles doch so viel einfacher. Und es gibt auch Pärchen, die sich auf so etwas einlassen, also alles kein Problem. Wo man wieder beim „Leben und leben lassen“ wäre…
Doch wenn man sich Wochen oder gar Monate mit einem Menschen beredet, Wünsche, Hoffnungen, Träume und Vorstellungen austauscht, sich gegenseitig etwas kennenlernt um eine Vertrauensbasis zu schaffen und dann doch so hintergangen wird, das stelle ich mir wirklich sehr schmerzlich vor.
Als wäre alles nicht schon erschwert genug in einer Regenbogenbeziehung. Man muss automatisch diesen „Abstrich“ machen, dass es nicht einfach und plötzlich passiert. Ups, man ist schwanger. Ganz so einfach ist es dann leider nicht.
Dieser Weg war uns dann doch zu ungewiss. Diese Angst, die einen bereits vorher begleitet, dass man am Ende doch reingelegt wird. Noch dazu kamen die meisten Spender von wirklich weit weg. Es ist ja dann nicht immer ganz so einfach, mal eben 200 km und noch mehr zu fahren. Nimmt man sich dann monatlich ein Hotelzimmer? Kann man es immer mit der Arbeit regeln, wenn man gemeinsam in einem Haus arbeitet? Fährt man mal eben einfach hin, führt die „Übergabe“ durch und versucht man dann im Auto auf einem Parkplatz seinen Herzenswunsch zu erlangen? Ist man bei ihm zuhause im Nebenzimmer und führt es da durch, mit einem Gefühl im Nacken, dass ER nebenan ist. Dass man nicht alleine ist. Es sollte ja doch Liebe sein, die zu einem Baby führt. So oder so.
Wir konnten es uns einfach nicht vorstellen damals. Also suchten wir weiter… Mit den Gedanken an all die Pärchen, die teilweise sogar auf diesem Weg daran zerbrochen sind. Wo es keine Zukunft mehr für sie gab, weil dieser Weg zu steinig und zu komplex war. Das wollten wir nicht riskieren.
Fähren sind so toll, trotz „Restmengenentleerung“
Dänemark. Ein wunderschönes Land. Mit Fähren über das Meer. Ein toller Gedanke. Wir hatten uns entschieden. Wir mochten das Land, wir hatten ein gutes Gefühl bei dem Gedanken.
Doch auch hier. Es ist einfach nicht gesagt, dass es beim ersten Versuch klappt. Im Gegenteil. Eher sehr unwahrscheinlich bei einer künstlichen Befruchtung. Da waren wieder einige Faktoren, die dagegen sprachen. Wenn man das so liest, könnte man fast denken, dass Melanie und ich kompliziert wären. Aber nein. Eigentlich sind wir ganz einfache, realitätsnahe und liebe Menschen. Doch es sollte einfach auch passen und gut durchdacht sein. Also befassten wir uns weiter mit Lösungen, weil es uns nicht losgelassen hatte und wir ja diesen Wunschtraum „Krümel“ hatten.
Da war es. Unsere Lösung. Ich kann mich an diesen Moment noch gut erinnern.
Melanie: „Mausi, man kann sich das Sperma auch nach Hause schicken lassen. Das scheint wirklich zu gehen“.
Ich: „Hase? Ernsthaft!?“ Und schon musste ich loskichern.
Jap. Genau so ist das. Es kommt in einem Stickstoffbehälter und ist dann auch noch ca. zwei Tage haltbar. Somit kann man den Moment sehr gut berechnen. Die Lösung. Für uns. Es war toll zu wissen, dass wir dies eigentlich auf natürlichem Wege tun konnten. Also fast auf natürlichem Wege. Spritzen mit Restmengenentleerung (ja, solche Begriffe gibt es in diesem Zusammenhang) mussten natürlich dabei sein.
Dinge beachten, Vorbereitungen und die Schatztruhe meiner Schwester mit tiefen Geheimnissen…
Aber hey… Der Traum unserer Regenbogenfamilie rückte somit immer näher. Also warteten wir nur noch auf einen regelmäßigen Zyklus. Das Berechnen ging los. Meine Güte. Was es da alles gibt. Temperaturmessen, Ovulationstests, Mondkalender, Apps… Wahnsinn.
Also da diese Ovulationstests bei mir geschlagene sechs Wochen negativ angezeigt hatten und man für das Temperaturmessen wirklich Geduld und Feinfühligkeit braucht, welche ich in diesem Zusammenhang nicht wirklich aufbringen konnte, verließen wir uns auf unsere Berechnungen im Kalender und unsere App namens „Flo“.
Da ich gesundheitliche Einschränkungen habe, waren noch regelmäßige Bluttests notwendig, die unser Hausarzt durchführte. Er ist übrigens der tollste Arzt, den wir kennen – und durch unseren Job kennen wir verdammt viele… Hr. Dr. begleitete uns den langen Weg bis zu unserem Traum. Er stellte meine Schilddrüsenwerte gut ein, da ich unter Hashimoto und einer starken Schilddrüsenunterfunktion leide.
Mein „Rheumamedikament“ hatte ich extra schon ca. 16 Monate vorher abgesetzt, da man mindestens 1 Jahr vor einer Schwangerschaft dieses Mittel nicht mehr im Körper haben sollte. Die Tatsache von stärkeren Beschwerden und die Fortschreitung der Veränderungen an meinem Körper, die dies mit sich brachte, hatte ich akzeptiert. Ich wollte so sehr ein Baby. Dieses Gefühl in mir, diese unendlich tiefe Verbindung. All das wollte ich und will es heute noch. Dafür kämpfe ich und Melanie unterstützt mich so unsagbar dabei.
Die Kosten für einen Versuch hielten sich in Grenzen. Es waren schon ein paar hundert Euro, aber im Vergleich zu einem Versuch in der Klinik dann doch etwas weniger und für uns machbar. Schon lange sparten wir für diesen Wunsch und sprachen Geldwünsche zu Festtagen wie Geburtstag und Weihnachten explizid für diesen Herzenswunsch aus.