Muttermilch ist ein Schatz und genauso wird sie auch gehütet: Deutschlandweit gibt es 21 Muttermilchbanken und bald sollen es noch mehr werden! Aber wer bekommt die wertvolle Spendermilch?
Und wer kann spenden?
Wer bekommt Milch aus Muttermilchbanken?
Die kleinsten und zartesten der Kleinen: Frühchen. Das liegt daran, dass deren Mütter in den ersten Lebenstagen oft noch nicht ausreichend Muttermilch produzieren. Gleichzeitig ist für die frisch geborenen Winzlinge diese Muttermilch aber sehr wichtig: „Neben vielen wertvollen Nährstoffen enthält die Muttermilch auch Substanzen, die die Körperabwehr stärken und die Reifung der Darmwand beschleunigen“, sagt Prof. Andreas Flemmer, Leiter der Neonatologie und der Frauenmilch-Spenderbank am Perinatalzentrum München-Großhadern. Untersuchungen zeigten, dass Frühchen die biologisch-natürliche Milch besser vertragen als künstliche Ersatznahrung und auch seltener an lebensbedrohlichen Darmentzündungen und anderen Infekten erkranken. „Ziel ist, die allerkleinsten Kinder gleich vom ersten Lebenstag an mit möglichst roher Frauenmilch zu versorgen“, sagt Flemmer. „Die Frühgeborenen werden solange mit gespendeter Milch versorgt, bis die Mutter selbst Milch produziert.“
Wer kann Muttermilch spenden?
Mittlerweile gibt es 21 Muttermilchbanken in Deutschland und eine in Österreich. Wenn du spenden willst, wendest du dich am besten an eine Klinik mit eigener Muttermilchbank in deiner Nähe. Generell lässt sich sagen: Grundvoraussetzung ist, dass du gesund bist und eine Mindestmenge von 500 Millilitern Milch pro Tag produzierst. Um sicherzugehen, dass deine Milch einwandfrei ist, wirst du zunächst eingehend untersucht. In der Klinik wird dir zum Beispiel Blut abgenommen, um es auf Infektionskrankheiten wie HIV, Hepatitis B/C und Zytomegalie zu testen. Ganz klar: Solltest du Drogen konsumieren, Alkohol trinken, rauchen oder Medikamente einnehmen, kommst du als Spenderin nicht infrage. Ansonsten hat jede Klinik ihre eigenen Voraussetzungen. Um beispielsweise Spenderin bei der Frauenmilchbank in München-Großhadern zu werden, musst du in der Regel dein eigenes Baby auch im Perinatalzentrum geboren haben, oder bereit sein, die Milch vor Ort im Klinikum zu spenden.
Wie wird die Spendermilch gesammelt?
Abgepumpt wird in der Klinik mit einer elektrischen Pumpe. Da du gleich doppelseitig abpumpst, geht das recht zügig und dauert nicht länger als zehn bis fünfzehn Minuten. Während dieser Zeit ist auch immer eine Laktationsberaterin der Frauenmilchbank anwesend, die darauf achtet, dass alles absolut hygienisch abläuft. Die abgepumpte Milch wird direkt in einer sterilen Einmalflasche gesammelt.
Wird die Spendermilch im Labor untersucht?
Ja! Aus jedem Milchfläschchen werden kleine Proben entnommen, die im Labor bakteriologisch untersucht werden. Nach der Probeentnahme wird die Milch schockgefroren und in einem speziellen Gefrierschrank bei Minus 20 Grad gelagert. Auf diese Weise kann die Spendermilch bis zu sechs Monate aufbewahrt werden. Die Milch, die ein Baby bekommt, stammt möglichst nur von einer Frau. Zu Verwechslungen kann es dabei nicht kommen: Spenderfrau, Zeitpunkt der Gewinnung und Laborbefunde –all das kann sofort identifiziert werden, denn natürlich ist jedes Fläschchen detailliert etikettiert.
Muss die Spendermilch pasteurisiert werden?
Das ist nur in seltenen Fällen notwendig. „Ziel ist, das Empfängerkind möglichst mit roher Spendermilch zu ernähren“, sagt Prof. Flemmer. „Diese ist besonders wertvoll, weil sie über alle optimalen nutritiven und immunologischen Eigenschaften verfügt, von denen Früh- und Frühstgeborene in besonderem Maße profitieren. Nur in Ausnahmefällen muss Spendermilch derzeit pasteurisiert werden, also 30 Minuten lang bei mindestens 62,5 Grad erhitzt. Die Pasteurisierung garantiert zwar, dass Bakterien, Pilze und Viren abgetötet werden“, erklärt der Experte, „sie führt aber auch zu einem Verlust an biologisch wirksamen Bestandteilen der Muttermilch wie Vitaminen, Enzymen oder Antikörpern.“
Wie bekommt das Baby die Spendermilch?
Saugen, Schlucken, Atmen – das bereitet Frühchen sehr häufig noch Probleme. Deshalb bekommen sie die gespendete Frauenmilch auch über eine Magensonde. Der betreuende Arzt legt die Menge der Milchportion fest und stimmt sie ganz individuell auf die Bedürfnisse des Frühchens ab. Oft braucht das Frühchen nur in den ersten fünf bis zehn Tagen nach der Geburt die Spendermilch. Dann hat die Mutter im Idealfall selbst genügend Milch, um ihr Kind zu ernähren.
Quellen: European Milk Bank Association (EMBA); Frauenmilchbank-Initiative (FMBI)