Das Ding mit der künstlichen Befruchtung – ein Erfahrungsbericht

Als ich damals meiner Freundin erzählte, dass das mit dem Schwangerwerden so nicht klappt und wir in ein Kinderwunschzentrum müssen, sagte sie: “Seid doch froh, so quälst du dich nicht noch länger und euch wird geholfen.”
Ja, sie hatte recht.
In diesem Moment.

Aber was passiert da wirklich? Viele denken, man spaziert da rein, hat ein paar Untersuchungen und schon ist alles im Lack. NEIN!
Nicht nur, dass man völlig Uhrzeit gesteuert Medikamente nimmt, immer auf dem Anruf wartet, welcher die Laborwerte und die kommenden Uhrzeiten mitteilt, man macht sich kaputt. Also die Medikamente machten mich kaputt.

Jeden Morgen um 7:15 Uhr bimmelte mein Handy – Erinnerung: Nasenspray linke Seite. Um 19:15 Uhr – Erinnerung: Nasenspray rechte Seite. Und wenn man sich fragt, warum man die Seiten wechseln muss, so lautet die Antwort: Das weiß man, wenn man es einmal nicht tut. Es fühlt sich an, als würde es einem alles wegätzen.
Wenn die Zeit des nasalen hormonellen Dopings geschafft war (man wird dadurch in die Wechseljahre gesetzt), ging es ans Spritzen.

Jeden dritten Tag musste ich dafür in die Kinderwunschklinik zu Blutabnahme und Ultraschall. Egal wie gut die Medikamente sind, eine Überstimulation muss vermieden werden.
Das Spritzen fand ich gar nicht so schlimm wie erwartet. Wenn der Zeitpunkt zur Entnahme der Eizellen naht, wird man informiert, wann man sich die eisprungauslösende Spritze setzen muss. Bei mir war es leider immer zu sehr unchristlichen Zeiten. 4:56 Uhr.

Egal wieviel Medikamente man benötigt, so versucht man mit allem der „Natur“ sehr nahe zu kommen. Dann erfolgt die Entnahme und je nach Reife und Zustand der Eizellen zwei Tage später das Einsetzen. Mit der telefonischen Anmerkung: Denken Sie dran, die Blase muss nun immer gut gefüllt sein, so werden die Eizellen an die Gebärmutterschleimhaut gedrückt.
Wird gemacht …

Dann folgen 10 grauenvolle Tage des Wartens in einem Zustand zwischen schwanger, nicht-schwanger und zwei befruchteten Eizellen in sich, während man sich vaginal Gelbkörperhormone rein stopft. Dieses Medikament quillt in der Gebärmutter auf und fließt langsam raus.

Bis zu diesem Zeitpunkt, war aller Schmerz und hormonelles Durchdrehen eher körperlich. Der Tag der Blutabnahme für den Schwangerschaftstest. Angst? Vorfreude? Hoffnung? Angst? Nach der Blutabnahme wartet man dann furchenrennend auf den Anruf. Auf den Anruf, der meine Zukunft bestimmt und für den ich mir meine Nase verätzt habe.

„Guten Tag Frau X, wir müssen Ihnen leider mitteilen….“ Ich höre schon gar nicht mehr zu. Wofür auch? „In den nächsten Tagen wird die Blutung einsetzen, achten Sie darauf, dass auch alles rauskommt…“ Mein Kopf = ????

Ein paar Tage später die nüchterne Erkenntnis: Scheinbar hat meine Blutung eingesetzt, aber es fließt nichts ab. Nichts. Niente. Nada. Also rufe ich wieder in der Kinderwunschklinik an und erläutere alles: „Versuchen Sie mit den Fingern alles vaginal raus zu pulen. Das Medikament hat alles verstopft. Sollte es nicht klappen, gehen Sie unter die Dusche, schrauben Sie den Duschkopf ab und führen Sie den Duschschlauch vorsichtig vaginal ein. Versuchen Sie, alles auszuschwemmen. Sollte es nicht helfen, melden Sie sich bitte.“

Ich stand unter der Dusche, weinend und fluchend. Mein Körper hat nicht einmal so viel Respekt vor mir und meinen Gefühlen und quält mich nun noch. Scham. Wut. Ekel. Alles war dabei. Und in meinem Kopf hallte: Seid doch froh, so quälst du dich nicht noch länger und euch wird geholfen.

Wer hilft an dieser Stelle mir und meinem Ekel vor meinem Körper?

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