Männer trauern anders #6 – Sind Frauen und Männer Trauerkompatibel?

Die heutige Ü70-Männerwelt, ist geprägt von ihrer Erziehung nach zwei Weltkriegen und den damit verbundenen Traumata. Diese Männer schweigen oft bezüglich ihrer Gefühle, da das erlebte ihrer Familienangehörigen zu schmerzhaft war und somit häufig niemals darüber gesprochen wurde. Das prägt natürlich für das weitere Leben und wird oftmals auch an die eigenen Kinder weitervermittelt.

Und während Männer versuchen sich freizuschwimmen, wird von dem modernen Mann folgendes erwartet.

Vater
Beruflicher Aufsteiger
Guter Heimwerker
Verständnisvoller Zuhörer
Romantiker
Harter Durchsetzer auch in der Erziehung
Irgendwas zwischen Held in Strumpfhosen und Macho

Kann der Mann wirklich ausbrechen?
Kann er total emotional uns Frauen gegenüber sein, wenn wir zeitgleich den Retter für alles in ihm sehen?

In der Akutsituation einer stillen Geburt wird der Mann zum Beschützer der Frau.

Viele Frauen schreiben es hier:

„Die Kraft meines Mannes hat uns beide getragen.“
„Mein Mann war mein Schutz.“
„Mein Mann war mein Fels.“

Ebenso heißt es aber Jahre später:

„Mein Mann konnte nie darüber sprechen.“

Die sichtbare Erwartung der Frauen z.B. durch Tränen, Wut, Kummer ist:

„Sei stark für mich!“
„Sei für mich da!“

Das unausgesprochene ist:

„Ich möchte, dass du auch so weich bist wie ich.“
„Ich möchte, dass du mir auch deine Gefühle zeigst und trauerst.“

Schubsen wir Frauen die Männern in eine Position des „nicht Redens“, ohne dass wir es wollen?

Jetzt mal ehrlich, ich sah als Frau meinen körperlichen Schmerz, ich sah meine Gefühle.

Ich habe mich in meinem Kummer gewälzt.
Ich habe unser Kind in meinem Körper getragen, ich habe versucht, es zu schützen.
Mein Körper hat die Schwangerschaft beendet.

Wenn ich an dieser Stelle noch die Trauer meines Mannes hätte ernst nehmen sollen, hätte ich mich von meinem „ich bin die Mama“-Thron geschubst gefühlt.

Das ist Fakt.
Und ich finde es völlig okay.
Denn ich weiß ja, Trauer ist eine Ego-Sau.

Hätte mein Mann gesagt „Nimm mich wahr!“, hätte ich ihm mit Garantie an den Kopf geknallt, dass meine Trauer schwerer wiegt als seine.

Und auch nach Jahren finde ich es völlig okay, dies auch auszusprechen.
Ich bin mir bewusst, dass auch ich dazu beigetragen habe, dass mein Mann verstummte.

Es war an uns, den gemeinsamen Weg heraus zu finden.

Heute mit einigen Jahren Abstand sage ich:

Mein Mann und ich sind nicht trauerkompatibel!
Jeder von uns hat seine eigene Trauerhaltung in sich, aber auch eine unausgesprochene Erwartungshaltung gehabt.

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