Heute ist er da. Dieser Tag, vor dem ich solche Angst hatte. Erst schien er noch so lange hin und jetzt … Fast ganz plötzlich ist er da.
Der ausgerechnete Entbindungstermin.
Natürlich wäre es sehr unwahrscheinlich gewesen, dass du ausgerechnet heute zur Welt gekommen wärst. Und dennoch ist das einfach alles, an das ich mich klammern kann. Manche mögen es nicht verstehen. Aber ich fühle es. Einen noch viel intensiveren Schmerz als an allen anderen Tagen sowieso schon.
Die Nacht über lag ich wach, trotz meiner Schlaftablette. Ich wachte immer wieder auf, sah auf mein Handy und starrte das Datum und die Uhrzeit an. Nur noch wenige Stunden … Nur noch wenige Minuten. Und dann, beim nächsten Blick darauf, stand es plötzlich da. Dieses eine Datum, welches unser Leben hätte verändern sollen. An welchem man sich orientiert hätte, wann du nun endlich gesund und glücklich die Welt erblickst. Dieses eine Datum wird uns immer begleiten. Auch wenn dein eigentliches Sternengeburtsdatum natürlich schwerwiegender ist, wird „heute“ immer in meinem Unterbewusstsein schlummern. So viele Pläne steckten darin. So viel Hoffnung und unendliche Liebe, Sehnsucht und Vorfreude. So viel DU.
Dieser Tag ist nun da. Seit Wochen habe ich mich gefragt, was ich an diesem Tag machen möchte. Was ich an diesem Tag machen kann. Und nun sitze ich im Bett, das Rollo ist unten und ich mag nicht aufstehen. Es ist mittags. Ich wäre schon so lange wach, viele, viele Stunden. Doch ich sitze hier und alles, was ich geschafft habe, ist den Laptop zu mir zu holen, um diese Zeilen zu schreiben. Ich weiß, dass ich das Bett verlassen muss, um einfach nicht noch trauriger zu werden. Zwei meiner, unserer engsten Freunde kommen vielleicht heute Abend. Auch wenn wir vielleicht mal weinen, vor allem ich, lachen wir bestimmt auch ein wenig. Ich weiß, dass du das gerne siehst, wenn ich lache. Doch es fällt immer noch so schwer.
Dieser Tag heute verlangt so unendlich viel an Kraft, Mut und Willen. Er ist bereits jetzt schon nicht einfach. Wir bringen dir später eine wunderschöne Leuchtkugel mit deinem Namen. Wir haben sie selbst zusammengestellt und so in Auftrag gegeben. Sie wird dir ganz bestimmt gefallen. Auch Blumen bekommst du noch von uns. Sogar eine zweite Vase.
Ich würde dir alles geben. Wirklich alles, was ich kann. Wärst du doch nur hier bei mir. Diese Leere in meiner Brust und doch gleichzeitig dieser unendliche Schmerz, der mir die Luft zum Atmen nimmt. Es ist so unbeschreiblich. Ich weiß, dass das Leben weiter geht. Die Erde dreht und dreht sich, alle leben ihr Leben. Wir auch. Ich auch. Doch es ist so anders und fühlt sich auch so falsch an. Es ist, als lägen tonnenschwere Steine auf den vielen gebrochenen Herzstückchen in mir. Ich versuche immer wieder, dieses Gefühl in all meinen Worten zu beschreiben. Und doch schaffe ich es nicht, diese Schwere wirklich darzustellen. Ich denke, man muss es als Mutter gefühlt haben, um es sich vorstellen zu können. So endlos viele schwere Wege, die es gibt. Manche bin auch ich bereits gegangen. Doch dieser Weg scheint so endlos lang und steinig. Denn du bist nicht an meiner Hand, du mein Sternenkind. Alles, was ich bei mir habe, ist der Teddy, den dir eine deiner Tanten so voller Liebe ausgesucht hat. Nur für dich. Jetzt steht er im Wohnzimmer in einer deiner Erinnerungsecken. Doch eigentlich sollte er in deinem Zimmer sein, an deiner Seite, dich dein Leben lang begleiten. Er sollte irgendwann total zerfleddert sein, manchmal vielleicht auch ein wenig müffeln – nach dir. Vielleicht ein Auge weniger haben oder ein paar bunte Strähnchen von dir bekommen. Doch er ist fast so unberührt wie am ersten Tag. Manchmal knuddele ich ihn für dich, doch das ist nicht das gleiche. Denn es ist dein Teddy. Das sollte er werden, das ist er geworden und das wird er auch immer sein. Ich passe auf ihn auf für dich! <3 Und heute an diesem Tag ganz besonders.
C.
C.