Es ist Donnerstag früh 8:00 Uhr und ich gehe Richtung OP-Umkleide. Heute bin ich wieder etwas nervöser. Es steht eine OP von einem Frühchen auf dem Plan. Luna ist 8 Wochen zu früh gekommen und aktuell eines unserer Sorgenkinder. Ich habe sie direkt Luna getauft, an ihrem Bett hängt eine Mondspieluhr und immer wenn ich an sie denke, sehe ich diese zauberhafte Spieluhr.
Warum ich dieses Mal aufgeregt bin? Eigentlich bin ich es immer, wenn wir in der Kinderchirurgie Frühchen operieren. Die Stimmung im Team ist immer etwas Besonderes. Man kann es schwer beschreiben, aber jedes Detail zählt noch einmal mehr.
Wir drehen die Heizung im OP noch einmal ein paar Grad höher. Die Anästhesie lässt sich doch mehr Zeit. Schließlich ist es doch eine besondere Anforderung, 40cm auf dem OP-Tisch so zu platzieren, dass auch alle wichtigen Geräte ihren Platz finden.
Luna ist eine tolle Kämpferin, heute sollen wir ihren Bauch schließen, leider war der zur Geburt offen geblieben und die Prognose fraglich. Aber Luna hat von Anfang an so gut mitgemacht. Und uns Mut gemacht, weiter mit ihr zu kämpfen.
Nun ist es soweit. Luna schläft. Ich gehe mit Chef- und Oberarzt die Hände waschen. Ich bin immer noch nervös. Während der nächsten 2 Stunden schwanken meine Gefühle, ich bin stolz als Arzt im praktischen Jahr bei so einer OP mit operieren zu dürfen, aber ich habe Angst um Luna, sie muss unbedingt durchhalten und ich denke immer wieder an meinen Sohn.
Ich möchte ihn in die Arme nehmen. Am liebsten jetzt.
Und eigentlich möchte ich Luna in die Arme nehmen und nehme mir fest vor, es eines Tages zu machen.
Nach über 2 Stunden ist klar: Wir haben es geschafft. Luna darf wieder aufwachen.
Wir bringen sie wieder auf die Neointensiv. Natürlich gehe ich mit und ich bleibe noch eine ganze Weile. Ich weiß, ich muss das nicht tun. Aber ich will es. Und nicht nur ich, auch die Kollegen nehmen sich heute etwas mehr Zeit, die wir eigentlich nicht haben.
Noch warten, bis sie blinzelt. Schauen, was der Monitor uns sagt, und warten, bis die Eltern dazu kommen dürfen.
Und dann lächeln wir, als wir den Raum verlassen, nicht weil wir stolz auf uns sind, sondern auf Luna!
Morgen früh vor der nächsten schweren OP werde ich sie besuchen. Die Schnur an der Spieluhr ziehen und ich werde wieder diesen einen Satz sagen:
“Bis morgen Luna, du schaffst das.”
Bis zu dem Tag, an dem Lunas Mama sie hier in ihren Armen raus trägt.
Tina